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Theorie - Kontextfreie Sprachen und Kellerautomaten

Von der kontextfreien Grammatik zum Kellerautomaten

Kellerautomaten sind in der Lage, Ableitungen mit einer kontextfreien Grammatik zu simulieren. Wir verdeutlichen diese Simulation anhand eines Beispiels.

Gegeben sei eine Grammatik G für die Sprache Lab = {anbn | n = 1, 2, 3, ...} der Klammerausdrücke:

S -> aSb
S -> λ

Zur Grammatik G lässt sich der Kellerautomat KG konstruieren:

Kellerautomat

Beachte, dass alle Produktionen der Grammatik in den Zustandsübergängen des Kellerautomaten kodiert sind. Der Kellerauromat ist so konstruiert, dass jede Ableitung mit Produktionen der Grammatik G mit Hilfe von Zustandsübergängen des Kellerautomaten simuliert werden kann. Wir verdeutlichen dies anhand der folgenden Ableitung des Worts aabb:

   S 
-> aSb
-> aaSbb
-> aabb

Diese Ableitung lässt sich mit dem Kellerautomaten wie folgt nachbilden:

Der erste Zustandsübergang speichert das Startsymbol S im Keller ab:

q0; Z                   aabb
| λ,Z;SZ
q1; SZ                  aabb

Der nächste Zustandsübergang simuliert einen Ersetzungsschritt mit der Produktion S -> aSb im Keller. Hierzu wird das oberste Kellersymbol S entfernt und stattdessen die Symbolfolge aSb abgespeichert. Im Keller befindet sich dann die Symbolfolge aSbZ.

q1; SZ                  aabb
| λ,S;aSb
q1; aSbZ                aabb

Bevor der nächste Ersetzungsschritt mit einer Produktion der Grammatik simuliert werden kann, muss das Terminalsymbol ganz oben im Keller entfernt werden. Bei diesem Schritt wird dann auch das erste Symbol des Eingabeworts verarbeitet.

q1; aSbZ                aabb
| a,λ;a
q1; SbZ                 abb

Analog werden jetzt die nächsten Schritte der Ableitung das Wortes aabb simuliert. Man erhält schließlich die folgende Situation:

q1; Z
| λ,Z;λ
q2

Wenn das gesamte Eingabewort abgearbeitet ist, befindet sich der Kellerautomat im Zustand q1 mit der Symbolfolge Z im Keller (also: mit einem leeren Keller). Mit dem Zustandsübergang q1 - λ,Z;λ -> q2 gelangt der Kellerautomat schließlich in den Endzustand.

Das Verfahren lässt sich auf alle Wörter der Sprache Lab anwenden. Wenn ein Eingabewort nicht zur Sprache Lab gehört - also nicht mit den Produktionen der Grammatik G abgeleitet werden kann, dann lassen sich nicht sämtliche Nichtterminalsymbole mit Hilfe geeigneter Zustandsübergänge aus dem Keller entfernen. Da sich der Keller somit nicht leeren lässt, kann der letzte Zustandsübergang in den Endzustand nicht erfolgen. Mit entsprechenden verallgemeinernden Überlegungen erhält man den folgenden Satz.

Satz (über den Zusammenhang zwischen kontextfreien Sprachen und nichtdeterministischen Kellerautomaten):
Zu jeder kontextfreien Sprache gibt es einen nichtdeterministischen Kellerautomaten, der diese Sprache erkennt. Der Kellerautomat kann automatisiert aus einer kontextfreien Grammatik zur kontextfreien Sprache erzeugt werden.

Vom Kellerautomaten zur kontextfreien Grammatik

Auch die umgekehrte Übersetzung ist möglich. Als Beispiel betrachten wir den folgenden Kellerautomaten zur Erkennung der Sprache Lab = {anbn | n = 1, 2, 3, ...}.

Kellerautomat

Um ihn mit Hilfe von JFlap automatisiert in eine Grammatik übersetzen zu können, muss der Zustandsübergang q1 - λ,S;aSb -> q1 durch die beiden Zustandsübergänge q1 - λ,S;Xb -> q3 - λ,X;aS -> q1 ersetzt werden.

Kellerautomat

Zu diesem Kellerautomaten lässt sich die folgende Grammatik zur Sprache Lab = {anbn | n = 1, 2, 3, ...} automatisiert erzeugen:

S -> LD
A -> a
B -> b
L -> FB
D -> λ
F -> AL
L -> λ

Der Zusammenhang zwischen Kellerautomat und zugehöriger Grammatik ist nicht direkt zu durchschauen und soll hier auch nicht weiter analysiert werden. Folgender Satz lässt sich aber allgemein zeigen:

Satz (über den Zusammenhang zwischen nichtdeterministischen Kellerautomaten und kontextfreien Sprachen):
Die Sprache eines nichtdeterministischen Kellerautomaten ist kontextfrei: Zum nichtdeterministischen Kellerautomaten gibt es eine kontextfreie Grammatik, die dieselbe Sprache erzeugt, die vom Kellerautomaten erkannt wird. Man kann diese kontextfreie Grammatik automatisiert erzeugen.

Deterministische und nichtdeterminische Kellerautomaten

Im Kontext Endliche Automaten haben wir gesehen, dass deterministische und nichtdeterministische endliche Automaten gleichmächtig sind. Mit beiden Automatentypen können dieselben (regulären) Sprachen erkannt werden.

Für Kellerautomaten gilt ein analoger Sachverhalt nicht. Nichtdeterministische Kellerautomaten sind mächtiger als deterministische Kellerautomaten. Es gibt also kontextfreie Sprachen, die zwar von nichtdeterministischen, nicht jedoch von deterministischen Kellerautomaten erkannt werden. Ein Beispiel für eine solche Sprache wird durch folgende Grammatik festgelegt.

S -> 0S0
S -> 1S1
S -> λ

Grenzen von Kellerautomaten

Wir haben gesehen, dass nichtdeterministische Kellerautomaten genau die kontextfreien Sprachen erkennen.

Es gibt Sprachen, die nicht mit einer kontextfreien Grammatik beschrieben werden können. Die Sprache LMyXML gehört zu diesen Sprachen. Die folgende Grammatik zu dieser Sprache enthält Produktionen, die nicht kontextfrei sind. Man kann beweisen, dass es keine Grammatik zu dieser Sprache gibt, die ausschließlich aus kontextfreien Produktionen besteht.

S -> 
S -> 
T -> aAT
T -> bBT
T -> M
Aa -> aA
Ab -> bA
AM -> Ma
Ba -> aB
Bb -> bB
BM -> Mb
M -> >N
M -> aM
M -> bM
M -> cM
M -> 

Aus den beiden Aussagen folgt jetzt, dass z.B. die Sprache LMyXML nicht von einem (noch so komplizierten) nichtdeterministischen Kellerautomaten erkannt werden kann.

Genau wie dem Verarbeitungsmodell endlicher Automat sind auch dem Verarbeitungsmodell Kellerautomat somit Grenzen gesetzt.

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